Didis Bücherturm

Samstag, 12. Juli 2014

Buchbesprechungen: Nehmen und Geben

Eine kleine Ergänzung zu meinem vorigen Beitrag über Rezensionen:

Gerade lese ich „Laundry Man“ von Jake Needham - ein spannendes, professionell geschriebenes Buch, das mich nicht nur gut unterhält, sondern auch meinen Horizont erweitert, da es gut recherchiert ist und den Alltag des Schauplatzes, Bangkok, so plastisch schildert, als wäre der Autor vor Ort und mitten im Geschehen. Natürlich werde ich das Buch dort, wo ich es erworben habe (bei amazon), beurteilen, denn das gehört sich so - vor allem, wenn man das Buch verbilligt oder kostenlos bekommen hat.

Beim Blick in mein kindle-Verzeichnis zeigt mir, wie viele Werke ich in den letzten beiden Jahren erworben habe - teils kostenlos, teils bezahlt. Nun bin ich nicht dafür, dass sich jemand reihenweise Titel herunterholt, nur weil sie gerade verschenkt werden, aber eine Versuchung ist es doch. Ich werde das, was ich bekommen habe, sicher nicht auf meinem Lesegerät vergammeln lassen, denn der Autor hat ja Arbeitszeit und Hoffnung in sein Buch gesteckt. Deshalb erhält jedes geschenkte Buch selbstverständlich eine Bewertung oder Kurzrezension (wenn auch oft erst nach längerer Zeit) - das ist das Mindeste, was ich zurückgeben kann. Und ich werde ehrlich sein - auch Mängel werde ich benennen. Nicht kränkend, sondern so, dass der Autor (respektive die Autorin) erfährt, was verbesserungsbedürftig ist. Ich bin kein Anhänger der Geiz-und-Kostenlos-Kultur, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie hart es ist, vom Schreiben leben zu wollen, und wenn ich nehme, möchte ich deshalb auch geben. Eine Äußerung meines Urteils, das ich mir ja ohnehin bilde, ist da angebracht. Damit fühle ich mich besser.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Gerechte Rezensionen

Hin und wieder bespreche ich hier in meinem Blog oder bei Amazon oder auf irgendeiner anderen Plattform ein Buch, das ich gelesen habe. Das geschieht auf unterschiedliche Weise. Oft stelle ich Titel einfach nur vor - mit kurzen empfehlenden Texten (sofern ich sie tatsächlich für empfehlenswert halte) - Beispiele sind ein bisschen weiter unten in diesem Blog die Kurzreiseführer von arp oder die Liebesromane von Laura Petersen. Manchmal ist es aber auch angebracht, dass ich näher auf ein Buch eingehe.

Persönliche Einstellung
Das ist nie ganz einfach. Nach welchen Kriterien soll ich vorgehen? Ich bin kein geborener Kritiker, der seine festen Vorstellungen und Ansprüche hat. Schon gar nicht könnte ich mich mit den Feuilletonisten der großen Zeitungen wie der „Zeit“, der „Frankfurter Allgemeinen“, der „Neuen Zürcher“ oder ähnlichen vergleichen. Ich bin kein Literaturwissenschaftler, und manches, was ich lese, würde auch nicht deren Erwartungen entsprechen. Ich lese viel Unterhaltsames - ich hatte Zeiten, da habe ich Unmengen von Fantasy und Science Fiction gelesen. Heute lasse ich die Finger davon - es erinnert mich an eine Freundschaft, auf die ich mich allzu sehr eingelassen hatte und die in Ausbeutung und Plünderung meiner Lebenskraft endete. Ich habe mich erholt; ich habe neue und echte Freundschaften gefunden. Meine Lektüre ist eine ganz andere geworden (Historisches, aber nicht das ewige Mittelalter, Biografien, Zeitgeschichtliches in Romanform. Zur Zeit: „Ich, Wolkenstein“ von Dieter Kühn und „Laundry Man“ von Jake Needham: also auch Krimis und Thriller). Ich unterscheide nicht zwischen „U“ und „E“. Dazu werde ich hier irgendwann Näheres schreiben.
Das richtet sich jetzt nach Empfehlungen - von heutigen Freunden, von Rezensenten, von Buchhändlern. Ich habe eine Liste von Titeln, die ich notiert habe als „unbedingt lesen“, aber die arbeite ich nur ganz langsam ab. Ich habe auch eine Liste von Büchern, die ich lesen soll, um sie zu besprechen. Manchmal drängt es mich nach der Lektüre direkt, etwas dazu zu sagen, manchmal fragen Freunde oder Kollegen mich: „Du hast doch einen Blog. Kannst Du nicht mal ‚ne tolle Rezension über mein Buch machen?“

Wie gebe ich ein gerechtes Urteil ab?
Da sitze ich dann in der Falle. Was macht ein Richter beim Amts- oder Landgericht, wenn plötzlich ein guter Freund, der Steuern hinterzogen haben soll, zu beurteilen ist, oder eine Barfrau, die ihn selbst letzten Samstag um einen beträchtlichen Anteil seines Gehalts gebracht hat und nun als Opfer eines Diebstahls als Nebenklägerin vor ihm sitzt? Der Richter hat es leicht. Er braucht nur zu flüstern: „Ich könnte eventuell befangen sein.“ Alle Welt schreit dann: Fall abgeben! Mandat niederlegen! Doch wenn ich Bücher von Freunden rezensieren soll, ist Befangenheit leider erwünscht.
Ob Freund oder nicht, ich mache das so: Ich lese zuerst das Buch, und zwar ganz. Es sei denn, es ist so übel wie der Saft am Boden einer Biotonne. Das merkt man ja auch gleich beim ersten Schlückchen. Ich gebe dann das Buch zurück oder ich sage: „Das kann ich unmöglich rezensieren.“ Manchmal ist es auch das Rückporto nicht wert. Es ist ja so: Wenn ich ein mieses Buch hochlobe, verderbe ich nicht nur meinen Ruf, sondern betrüge auch den Leser, der das Buch aufgrund meiner Rezension gekauft hat. Ein Rezensent hat Verantwortung für den Geldbeutel seiner Gläubigen.
Wenn ein Buch richtig schlecht ist, erwähne ich es gar nicht erst. Dem Autor sage ich dann, ich bin zeitlich, intellektuell oder sonstwie „überfordert“. Gefällt es mir hingegen, mache ich mir beim Lesen Notizen und schreibe auch auf, was mir missfällt. Wenn ich mehr Minuspunkte habe, fange ich meinen „Lesebericht“ mit einem Lob an - so ein Buch hat sicher auch Pluspunkte, sonst hätte ich nicht zu Ende gelesen. Habe ich mehr Pluspunkte, beginne ich meine Besprechung mit einer Kritik und nenne Mängel, die ich entdeckt habe, um dann mit einem deutlichen „Aber“ auf die gewichtigeren positiven Aspekte hinzuweisen.
Das Schwergewicht einer Rezension muss ja am Ende liegen, denn das behält der Leser am längsten im Gedächtnis, und es ist das Fazit, nach dem er möglicherweise seine Kaufentscheidung richtet. Dass eine Rezension diese überhaupt bewirkt oder verhindert, weiß auch der Autor / die Autorin und reagiert entsprechend auf „Verrisse“. Wenn ich den Autor / die Autorin kenne, schicke ich mein „Urteil“ vor der Veröffentlichung zu, und dann kann man diskutieren.

Wie gehe ich selbst mit Rezensionen meiner Bücher um?
Es gibt, was meine Bücher betrifft, viel Lob, aber natürlich auch manche Verrisse. Grundsätzlich billige ich dem Autor / der Autorin des Artikels ihre Meinung zu, und ich freue mich über Lob, wenn es gerechtfertigt ist, akzeptiere aber auch Kritik, wenn ich sie verdient habe (zugegeben, ich brauche dann ein bisschen Zeit). Ein übertriebenes Lob, dem jede Grundlage fehlt, kränkt mich oft nachhaltiger als eine unqualifizierte Verdammung meiner Arbeit. Was ich mir wünsche, sind gerechte Rezensionen - die ehrliche Meinung des Rezensenten und eine glaubhafte, nachvollziehbare Begründung dafür. Ich stecke, wie die meisten Autoren, viel Arbeit in meine Bücher - der fertige Text ist nur der Eisberg, der aus dem Ozean ragt, und darunter ist das Hauptgewicht - die Recherche -, und ich erwarte, dass jemand, der sich ein Urteil bildet und dies gegenüber seinen Lesern als die festgestellte Wahrheit ausgibt, dieses auch zu begründen weiß. Ganz so, wie ich es selbst halten möchte. Es gelingt mir nicht immer. Aber ich werde auch den Rezensenten einer "Verurteilung" nicht anschreiben und mich beschweren. Vielleicht hat er ja recht, und ich merke das erst viel später. Gerade wenn man viel Arbeit investiert hat, ist man blind gegenüber den Fehlern, die man gemacht haben könnte. 

Montag, 7. Juli 2014

Biografischer Roman: Die Recherche

Heute kommen mal keine Lektüre-Empfehlungen und keine Blog-Links oder Schreibtipps, sondern ein Bericht aus meiner Werkstatt:
Da mein Vertrag für den neuen biografischen Roman gekommen ist, gehe ich nun verstärkt an die Recherche. Zuerst Wikipedia, dann die Links aus dem dortigen Artikel, dann die genannte Literatur. Danach geht’s von der Breite in die Tiefe: Das alles wird mich in die Bayrische Staatsbibliothek und in die Deutsche Nationalbibliothek führen - einige Quellen sind nur da zu finden. Ich muss nach Thüringen reisen, um mir einige Örtlichkeiten anzuschauen und mit Leuten zu reden, Werks- und Stadtarchive durchstöbern.
Im Moment lese ich bereits ein Quellenwerk, das unzuverlässig scheint, das recht schwülstig ist in der Nazizeit geschrieben und gelobt wurde, daher mit Vorsicht zu genießen. Es eignet aber sich zum Erstellen einer Liste - was muss ich nachforschen, wo kann ich ansetzen? Welche Nebenpersonen brauche ich? Welche gab es wirklich, welche hat der damalige Erzähler erfunden? Der Name meiner Zielperson ist sehr bekannt, der Mann hat in sehr bewegten Zeiten gelebt - ich muss also die Jahre nach Napoleons Niedergang, den Alltag im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (den ich schon aus meinen Goethe-Recherchen kenne), den Vormärz und die 1848er Revolution sowie die Zeit des Deutsch-Französischen Krieges (die ich wiederum aus der Recherche für meinen Roman über Rudolf Diesel in Erinnerung habe) überprüfen, und es geht um die frühe Zeit der Industrialisierung mit ihren sozialen Umwälzungen, in denen mein Held eine eher rühmliche Rolle spielt. Alles mit seinen Auswirkungen auf das Leben in einem deutschen, noch immer absolutistisch beherrschten Kleinstaat zu Metternichs Zeiten.
Außerdem muss ich technische Fragen klären und ein Spezialgebiet der Physik regelrecht studieren, damit ich die Arbeit meines Helden so schildern kann, dass auch ein 14jähriger Schüler sie versteht und spannend findet. Die Zielperson ist weltbekannt, es gibt ein spezielles Museum und mehrere Archive - und ich habe all das Material, das ich finden werde, „einzudampfen“ auf 350.000 Anschläge (194 fiktive „Schreibmaschinen“- Seiten à 30 Zeilen zu 60 Zeichen). Dabei muss ich dafür sorgen, dass es interessant und spannend wird.
Und korrekt, denn man wird meine Arbeit kritisch sehen! Den Namen meines Helden kennt man auf der ganzen Welt! Er hat, ohne selbst Wissenschaftler zu sein, beinahe jede Naturwissenschaft beeinflusst und viele Erkenntnisse überhaupt erst ermöglicht - Biologie, große Bereiche der Medizin, Chemie, Pharmazie, Astrologie. Weltraumfahrt ohne sein Lebenswerk? Kaum denkbar. Also alles quer durch den Garten. Und der Garten war sein Hobby - er hat Rosen gezüchtet und Gartenpartys veranstaltet, vorzugsweise mit seinen Mitarbeitern.
Seine „Werkstatt“ gibt es noch in großartig veränderter Form - wenn ich sage, es war der Renommierbetrieb der DDR, untertreibe ich. Den Namen meines Biografie-„Opfers“ kann ich hier noch nicht nennen - zu einem markanten Datum in naher Zukunft könnte mir ja jemand zuvorkommen. Andererseits würde ich gern sagen, ich schreibe über XY, damit ich nachweisen kann, dass ich schon heute an der Sache dran bin und mit einer gewissen Sorgfalt ans Werk gehe, während andere folglich nur Schnellschüsse liefern können.