Didis Bücherturm

Montag, 4. Mai 2015

Ein kleiner Gruß an Jens Hagen



Beim Aufräumen fand ich einen kleinen, schwarzen Privatdruck, mit Schreibmaschine geschrieben, vervielfältigt („hektografiert“ sagte man damals, als das gute Stück entstand), und per Hand „gebunden“ (das heißt: eigenhändig geklammert und mit Klebestreifen gesichert) von Jens Hagen: „Nette Nachbarn“.
Er hat es mir auf einer gemeinsamen Lesung geschenkt, vermutlich in Bergisch Gladbach. Wir sind uns hin und wieder auf Gruppenlesungen im Raum Essen, Duisburg, Düsseldorf oder Köln begegnet. Kennen gelernt haben wir uns, soweit ich mich erinnere, bei der Kölner Malerin Regina Weitz, die hin und wieder in ihrer Lindenthaler Wohnung einen kleinen literarischen Gesprächskreis veranstaltete. Ich weiß noch gut, er wirkte deutlich zu groß für dieses Flokati-Wohnzimmer.
Nun, dachte ich, das gute Stück aus seiner Hand kann ich natürlich nicht einfach bei Ebay versteigern - am besten, ich gebe es ihm zurück, vielleicht hat er seine alten Belege nicht mehr vollständig und freut sich über das gut erhaltene Heft.
Dann suchte ich nach seiner Adresse, fand den Wikipedia-Artikel, hatte ihn nach einem der Fotos sofort in Erinnerung: seine schwarze Wuschelmähne, seinen stets etwas empörten Blick, seinen klaren, kritischen Verstand, die Unduldsamkeit, mit der er Oberflächlichkeiten bemängelte. Seinen scharfen Humor.
Das kann ich ihm nicht mehr sagen. Er ist schon vor elf Jahren verstorben - in Mechernich in der Eifel, wo auch ein anderer langjähriger Freund und Kollege, Alfred Müller-Felsenburg, in einem Pflegeheim der „Communio in Christo“ starb.
Nach langer, schwerer Krankheit, heißt es über Jens Hagen. Ich hoffe, man hat Dein Leiden wenigstens lindern können, Jens.
Es ist immer unangenehm, wenn jemand, zu dem der Kontakt eingeschlafen ist, obwohl er zu den wichtigeren Freunden gehörte, verstorben ist, wenn man sich seiner wieder erinnert - und dann auch noch vor langer Zeit. Man kann nicht mehr sagen: „Ich erinnere mich gut an Dich, Du hast mir etwas bedeutet, die Gespräche mit Dir haben mich weitergebracht im Beruf und im Leben. Aber was habe ich Dir gegeben? Wahrscheinlich gar nichts. Nicht einmal dieses Heftchen zurück.
Das Stadtarchiv Köln ist vor ein paar Jahren eingestürzt. Es hatte auch den Nachlass von Jens Hagen betreut - Vieles davon schien unwiderruflich vernichtet, ist aber zum Glück teilweise wieder aufgetaucht. Dieser kleine Privatdruck vielleicht gerade nicht. Da schicke ich ihn hin. Das ist die richtige Adresse.
Leb wohl, Jens Hagen. Ich habe Dich bewundert.