Zur Zeit schreibe ich (unter anderem) an einem biografischen Roman und habe dadurch wenig Zeit für diesen Blog. Lange habe ich überlegt, ob es richtig ist, damit hinter dem Berg zu halten - es sollte vorerst niemand wissen, an welchem Thema ich arbeite, damit mir niemand zuvorkommt. Das ist mir schon einmal passiert - ich hatte ein tolles Thema, habe einem Freund (und Kollegen) begeistert davon erzählt, und noch während ich an den Recherchen saß, war ein Buch zum gleichen Thema auf dem Markt, zusammengestellt von einem Journalisten, der mit meinem (ehemaligen) Freund befreundet war.
Pech gehabt? Dumm gelaufen? Jedenfalls
dumm gewesen! Doch immerhin hat mich die Sache vorsichtig gemacht.
Nun, da ich sehr viel Recherchearbeit
erledigt habe (und noch weiter grabe), bin ich so weit, dass mir zwar immer
noch jemand zuvorkommen könnte, ich aber inzwischen die bessere Qualität
abliefern kann: Bei einem biografischen Roman kommt es auf Details an, die dem
Leser (und der Leserin) Neues berichten, was bisher nicht bekannt war, oder Zusammenhänge
aufzeigt, die andere bisher nicht gesehen haben. Und da habe ich einen
Vorsprung. Das bin ich meinen Besuchern, immerhin 23.000 bisher, schon
schuldig. Danke für Euer Interesse!
Recherche und Filterstufen
In meinen vorigen Eintrag über die
knappe Zeit (hier ein direkter Link) findet ihr ein Foto, das einen Teil meiner Arbeit zeigt - ein paar
Bücher (die nur einen minimalen Teil meiner Quellen darstellen), dann rechts
einen Stapel großer Bögen, mein „Kernstück“. Hier wird stichpunktartig alles
eingetragen, was für meine Arbeit wichtig ist. Ganz oben die Jahreszahlen - es
gibt für jedes Lebensjahr meines Helden eine Spalte. In der ersten Zeile seine wichtigsten
Lebensereignisse, dann, in verschiedenen Zeilen, Ereignisse in seiner näheren
und weiteren Umgebung bis hin zu allgemeinen Zeitvorgängen und historischen
Hintergründen: Politik, Kultur, technische Erfindungen usw.
Daraus destilliere ich eine
Essenz für mein nächstes Kapitel - stichpunktartig auf einem DIN-A-4-Block, und
hieraus werden Vorformulierungen, Überlegungen und sonstige Notizen, die dann
in meinem Arbeitstagebuch niedergelegt sind (ganz links im Bild). Erst jetzt
wird der PC eingesetzt, und es entsteht eine Rohmanuskript am Bildschirm, das
in späteren Durchgängen überarbeitet, ergänzt, korrigiert und schließlich im
Verlag lektoriert wird. Bevor das Rohmanuskript an den Lektor geschickt wird,
kommen immer noch Details hinzu, werden Abschnitte umgesetzt, erweitert und
manchmal auch gestrichen. Durch diese Filterung wird so weit wie möglich verhindert, dass ich, abgsehen von bewussten Zitaten, irgendwelche Formulierungen aus meinen Quellen übernehme. Sie dient aber auch dazu, dass ich mir die Essenz des jeweiligen Ereignisses klar mache.
Ein Portrait
So arbeite ich an mehreren
Kapiteln gleichzeitig, wie ein Maler an verschiedenen Stellen seines Portraits
malt, je nachdem, welche Farbe er gerade angerührt hat und welchen Pinsel er
gerade führt. Manchmal verändert sich das Licht, es fällt ein neuer Schatten
oder es gibt ein interessantes neues Highlight, das unbedingt dazugehört, um
das Portrait stimmig zu machen. Es wird niemals das gesamte Wesen seines
Modells einfangen können, aber es wird ihm nahe kommen und hoffentlich die
Charakterzüge herausarbeiten, auf die der Portraitist besonderen Wert legt. Hier
sind es Zielstrebigkeit, Ausdauer, Fleiß, aber auch Verzicht auf Dinge, die dem
Erreichen des Ziels im Wege sind - all das gepaart mit Menschlichkeit, Empathie
und Herzenswärme.