Didis Bücherturm

Samstag, 30. März 2013

Erhängt in der Zelle - Justizselbstmord in Deutschland


2013330日星期六
Sabado, Marso 30, 2013
Im Braunschweiger Gefängnis hat sich einer dapd-Meldung (über t-online) zufolge ein 75jähriger Mann erhängt, der angeblich seine Ehefrau erdrosselt haben soll. Fragt sich, wie sich das Erhängen in einer Gefängniszelle eigentlich praktisch gestalten lässt, und warum der Mann das getan haben könnte. Hat er seine Frau wirklich umgebracht? Oder war er verzweifelt, weil jemand anderes sie getötet und ihm die Schuld zugeschanzt hat? Näheres hätte sicher die Gerichtsverhandlung ergeben. Doch dazu ist es nicht gekommen.
Die Folge der Todesmeldung in der Presse war eine Flut von Häme und Gehässigkeit seitens der Leser. Niemand ist davon ausgegangen, dass der alte Mann unschuldig gewesen sein und ein anderer den Verdacht auf in gelenkt haben könnte. Es gibt sie also noch, die Kopf-Ab-Nazis, sie innerlich mit großem Genuss ein Todesurteil schon dann fällen, wenn jemand lediglich beschuldigt wird. Vielleicht war der Sachverhalt ja völlig anders? Wozu haben wir die Gerichte, die alles Für und Wider erwägen und den Sachbeweisen auf den Grund gehen? Die meisten Richter gehören zu den wenigen engagierten Hütern unserer immer mehr abflachenden Menschenrechte. Gewiss nicht alle. Aber ein Angeschuldigter, der gleich am ersten Tag in der Zelle "verstirbt", tut das sicher nicht, um irgendwelchen dummen Kommentatoren eine Freude zu machen. Erhängen in der Zelle ist so gut wie immer ein von der Justiz geduldeter (und häufig erwünschter) Mord. Ich schrieb in den Kommentar-Thread (bei T-Online-News):
Ziemlich schräge Kommentare hier. Bevor Ihr Eure persönliche Sau rauslasst, überlegt mal, dass jeder, der angeklagt wird, so lange als unschuldig zu gelten hat, bis er verurteilt ist. Außerdem ist der Tod "Erhängen in der Zelle" so gut wie nie freiwillig. Man bekommt Gürtel, Schnürsenkel und jeglichen Privatbesitz abgenommen, wenn man in U-Haft kommt. Wenn sich jemand in den Schrank gehängt, unter dem Waschbecken stranguliert oder an den senkrechten Fenstergittern aufgehängt hat, dann hat nahezu immer "jemand" nachgeholfen, denn - Neuzugänge bekommen so gut wie niemals gleich das Privileg einer Einzelzelle. Die Knäste sind allenthalben überbelegt.