Beim Aufräumen fand ich einen kleinen, schwarzen
Privatdruck, mit Schreibmaschine geschrieben, vervielfältigt („hektografiert“
sagte man damals, als das gute Stück entstand), und per Hand „gebunden“ (das
heißt: eigenhändig geklammert und mit Klebestreifen gesichert) von Jens Hagen:
„Nette Nachbarn“.
Er hat es mir auf einer gemeinsamen Lesung geschenkt,
vermutlich in Bergisch Gladbach. Wir sind uns hin und wieder auf
Gruppenlesungen im Raum Essen, Duisburg, Düsseldorf oder Köln begegnet. Kennen
gelernt haben wir uns, soweit ich mich erinnere, bei der Kölner Malerin Regina
Weitz, die hin und wieder in ihrer Lindenthaler Wohnung einen kleinen
literarischen Gesprächskreis veranstaltete. Ich weiß noch gut, er wirkte
deutlich zu groß für dieses Flokati-Wohnzimmer.
Nun, dachte ich, das gute Stück aus seiner Hand kann ich
natürlich nicht einfach bei Ebay versteigern - am besten, ich gebe es ihm
zurück, vielleicht hat er seine alten Belege nicht mehr vollständig und freut
sich über das gut erhaltene Heft.
Dann suchte ich nach seiner Adresse, fand den
Wikipedia-Artikel, hatte ihn nach einem der Fotos sofort in Erinnerung: seine
schwarze Wuschelmähne, seinen stets etwas empörten Blick, seinen klaren, kritischen
Verstand, die Unduldsamkeit, mit der er Oberflächlichkeiten bemängelte. Seinen
scharfen Humor.
Das kann ich ihm nicht mehr sagen. Er ist schon vor elf
Jahren verstorben - in Mechernich in der Eifel, wo auch ein anderer langjähriger
Freund und Kollege, Alfred Müller-Felsenburg, in einem Pflegeheim der „Communio
in Christo“ starb.
Nach langer, schwerer Krankheit, heißt es über Jens Hagen.
Ich hoffe, man hat Dein Leiden wenigstens lindern können, Jens.
Es ist immer unangenehm, wenn jemand, zu dem der Kontakt
eingeschlafen ist, obwohl er zu den wichtigeren Freunden gehörte, verstorben
ist, wenn man sich seiner wieder erinnert - und dann auch noch vor langer Zeit.
Man kann nicht mehr sagen: „Ich erinnere mich gut an Dich, Du hast mir etwas
bedeutet, die Gespräche mit Dir haben mich weitergebracht im Beruf und im
Leben. Aber was habe ich Dir gegeben? Wahrscheinlich gar nichts. Nicht einmal
dieses Heftchen zurück.
Das Stadtarchiv Köln ist vor ein paar Jahren eingestürzt. Es
hatte auch den Nachlass von Jens Hagen betreut - Vieles davon schien
unwiderruflich vernichtet, ist aber zum Glück teilweise wieder aufgetaucht.
Dieser kleine Privatdruck vielleicht gerade nicht. Da schicke ich ihn hin. Das ist die richtige Adresse.
Leb
wohl, Jens Hagen. Ich habe Dich bewundert.