Praktikanten
Habt Ihr gewusst, dass
Schriftsteller, wenn sie hauptberuflich arbeiten, einen Praktikanten (oder eine
Praktikantin) beschäftigen dürfen? Es kann entweder ein Schüler (oder Schülerin
– die weibliche Form ist im folgenden Text immer eingeschlossen) sein, der ein
Berufsfindungspraktikum machen möchte, oder ein Arbeitsloser, der vom Jobcenter
in eine „Maßnahme“ gesteckt wurde, um zum hundertsten Mal zu lernen, wie man
einen Lebenslauf oder eine Bewerbung schreibt.
Auch als Schritsteller kann man sich um Praktikanten kümmern |
Die Kosten und Formalitäten
Man muss keine „Geschäftsräume“
haben, sondern bei Freiberuflern genügt das häusliche Arbeitszimmer. Der
Praktikant darf kein Geld bezahlt bekommen, auch nicht als Dankesprämie am
Ende. Ist er arbeitslos, bezahlt ihn das Jobcenter ja ohnehin weiter. Sowohl
Schüler als auch sonstige Praktikanten sind versichert, wenn ein offizieller
Vertrag besteht.
Es gibt natürlich einige weitere
Formalitäten zu beachten. Das ist örtlich verschieden Man muss vor Allem wissen,
was man selbst möchte und was der Praktikant erwartet. Wenn es gut läuft,
melden sich die nächsten Praktikanten von selbst. Man muss aber nicht jeden
nehmen, sondern kann sich in einem Vorgespräch darüber informieren, ob der/die
Betreffende wirklich interessiert und geeignet ist.
Wie findet man Praktikanten?
Zunächst einmal muss man bekannt
machen, dass man bereit ist, einen Praktikanten bei sich aufzunehmen. Für uns
Schriftsteller genügt da ein Pressehinweis, eine Erwähnung in einem Interview
oder einem kleinen Bericht der örtlichen Tageszeitung. Es melden sich dann
sicher gleich mehrere Leute, die interessiert sind. Wenn nicht, kann man der
Schulverwaltung, der Arbeitslosenverwaltung oder einer der Firmen, die Kurse
für Langzeitarbeitslose durchführen, einen Hinweis senden. Man bekommt dann ein
Schreiben mit dem Hinweis, was ein Praktikant alles machen darf und was nicht.
Man darf ihn zum Beispiel keine Arbeit machen lassen, die zum üblichen
Geschäftsbetrieb gehört und die einem die zu bezahlende Dienstleistung eines
anderen erspart. Das ist sehr schwammig und betrifft im Grunde alles, aber es
gibt da fließende Grenzen. Der Praktikant muss natürlich auch seine Erfahrungen
sammeln können.
Die eigene Erfahrung
Mein Praktikant war schon fast
fünfzig und interessierte sich für den Schriftstellerberuf, und hatte schon
Vorstellungen davon, dass es mit dem Schreiben am Computer nicht getan ist. Ich
informierte ihn darüber, wie sehr unsere Arbeit ein Kommunikationsberuf ist: Lesen,
lesen, lesen, ab und zu Fernsehen, ab und zu ins Kino. Aktuell informiert sein,
selbst wenn man historische Schinken oder seine eigenen Memoiren schreibt. Mit
Menschen reden – in der Straßenbahn, in der Kneipe, wo auch immer. Am
Kulturleben der Stadt teilnehmen. Spezielle Recherchen zum jeweiligen Buchthema
in Bibliothek oder Internet. Nur so bekommt man den „Input“, die Tankfüllung,
mit der der Motor der Fantasie überhaupt funktioniert.
Mein Praktikant hatte natürlich
auch Wissensdurst. Muss man das, was man als Honorar erhält, versteuern?
Natürlich, und die Buchhaltung gehört dazu. Kann man das Geld für Lesungen
einfach einstecken oder versteuert man es auch? Natürlich muss man das, und man
muss es in die Honorarvorstellung einrechnen. Ich zeigte ihm auch, wie sich
Lesehonorare zusammensetzen (Hier im Blog in einem älteren Beitrag).
Was noch? Zum Beispiel, wie man
überlebt, wenn man grade kein neues Buch am Start hat. Dann werden Titel als eBook
recycelt. Wie macht man eBooks und wo verkauft man sie? Das waren für meinen
Praktikanten wichtige Einblicke.
Die Themen Buchführung und Blogmarketing
waren weitere Punkte unserer Zusammenarbeit.
Als Praktikant will man Neues erfahren |
Zeugnis
Normalerweise geben Arbeitgeber
nach vierzehn Tage Beschäftigung noch kein Arbeitszeugnis. Für Praktikanten ist
das aber notwendig. Sie müssen gegenüber Schule oder Arbeitsbehörden
nachweisen, dass sie das Praktikum tatsächlich gemacht haben, und gegenüber
späteren Arbeitgebern haben sie besondere Erfahrungen, die sie nachweisen
können. Für mich ist so ein Zeugnis auch Werbung. Zeigt er/se es anderen, habe
ich bald neue Praktikanten, denen ich Erfahrungen vermitteln kann und die mir
mit ihren Fragen neue Anregungen geben. Mein Praktikant bekam dieses Zeugnis:
Herr XXXXX, geboren am XX.X.XXXX,
hat vom YY.Y.2016 bis zum YZ.Y.2016 eine "berufsfachliche Kenntnisvermittlung/betriebliche
Erprobung" absolviert. Zu seinen Aufgaben gehörte das Vorbereiten und
Erstellen von E-Book-Dateien, das Erstellen und Bearbeiten von
Abrechnungs-Dateien im Excel-Programm, bibliothekarische Hilfstätigkeiten
(Organisation und Pflege) sowie das Erstellen von Blogplänen im Rahmen des
Marketing.
Diese Aufgaben hat Herr XXXXX
vollständig und zu meiner vollsten Zufriedenheit nach kurzer Einführung
selbstständig durchgeführt.
Augsburg, den XX.XX.2016
Unterschrift
Zu Lesungen siehe auch: