Didis Bücherturm

Dienstag, 14. Februar 2012

E-Books und Lektorat: Ein wichtiger Punkt zur Bearbeitung

Die große Gefahr bei E-Books ist natürlich die Betriebsblindheit eines Selbstverlegers. Natürlich ist man vollauf begeistert von dem, was man geschrieben hat – das muss ja einfach gut sein, das müssen die Käufer schließlich einsehen, und wenn ich selbst es gut finde, dann wird es garantiert ein Bestseller. Freunde und Verwandte bestärken einen in dieser Auffassung. Und dann sitzt man da, die Leser bleiben aus. Die Wenigen, die das Buch gekauft haben, schreiben auch noch schlechte Rezensionen.
Das Argument, dass häufig gegen das Selbstverlegen angeführt wird, ist die Tatsache, das niemand es professionell gegengelesen hat, wie es im Lektorat eines Printverlages geschieht. Es geht hier nicht um die Prüfung von Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung. Das muss ohnehin stimmen. Wir schicken unsere Babys schließlich auch nicht ohne Beine in die Welt. Es geht auf der anderen Seite auch nicht um "Zensur", die manche Selbstzahler-Verlage oft gegen Lektorate ins Feld führen. Es geht schlicht und einfach darum, ob der Plot die Erzählung zusammenhält, ob noch lose Handlungsstränge da sind, ob die Figuren durchgängig gezeichnet sind, ob der Stil mit dem Inhalt zusammenpasst, ob der zeitgeschichtliche Hintergrund in Ordnung ist und um andere Dinge, die mancher Leser oft gar nicht unmittelbar bemerkt, die ihn aber nach der Lektüre mit einem unzufriedenen Gefühl zurücklassen.
Eine Konfliktlösung, die wie ein Kastenteufel am Ende aus dem Hut gezaubert wird, ist so ein Fall. Ich habe kürzlich einen Krimi gelesen, da taucht ganz am Ende eine Person auf, die bisher überhaupt keine Rolle gespielt hat. Dem Kommissar gelang es nicht, den Verdächtigen, die mit dem Toten zusammen in einer entlegenen Berghütte waren, die Tat nachzuweisen, und ganz zum Schluss kommt heraus, dass zufällig in einer entfernten Nachbarhütte ein arabischer Terrorist sein Versteck hatte und schnell mal auf Skiern herübergekommen ist, um einen möglichen (!) Zeugen einfach so zu beseitigen. Die ganzen Konflikte, die vorher aufgezeigt wurden, waren Beziehungsgeschichten aus der Vergangenheit der beteiligten Personen, und dann dieses Ende. Ein arabischer Terrorist, der auch noch Hobbykoch war und in der einsamen Nachbarhütte für sich allein französische und italienische Spezialitäten zelebriert hat (die passenden Zutaten hat er natürlich immer wieder aus dem Tal geholt, obwohl die andere Hütte, wo der Mord passiert ist, über Wochen eingeschneit war) – das alles wird nicht vom Kommissar herausgefunden, sondern von einer Verdächtigen, die sich einfach mal in der Nachbarschaft umgesehen hat, ob da nicht noch einer ist, der als Täter in Frage käme – und das alles auf den letzten 10 Seiten eines 300-Seiten-Buches. Also, ich kaufe mir von diesem Autor kein Buch mehr, auch kein E-Book für 99 Cent, denn die Zeit, in der ich das lese, wäre mir zu schade. Es gibt genug bessere Bücher.
Und genau darauf müsste ein "Gegenleser" achten – hätte mein Buch Bestand? Ist es interessant, originell, spannend (nicht nur für mich selbst), oder gibt es in der gleichen Art eine ganze Menge bessere? Stimmt alles in der Geschichte?
Das leistet ein Verlag, der in ein gedrucktes Buch viel Geld investiert und es nicht nur zurück haben, sondern eine Menge daran verdienen will. Wir müssen uns also jemanden suchen, der unser Werk genauso kritisch liest und gegebenenfalls so ehrlich ist, uns zu sagen, was daran nicht stimmt. Bloßes Lob unterstützt uns nur in unserer Selbsttäuschung, und dann wundern wir uns, warum nicht nur der Bestseller ausbleibt, sondern warum uns niemand mehr den zweiten oder dritten Band abkauft.

1 Kommentar:

  1. Im E-Book-Selfpublishing-Verfahren ist es wichtig, unabhängige, leseerfahrene Kritiker zu finden, die das MS VOR der endgültigen Veröffentlichung prüfen und ehrlich beurteilen. Und das nach dem Motto: Ich bin nicht deine Mutter, mir MUSS es nicht gefallen! Das empfiehlt sich im Übrigen auch für normale Verlags-Manuskripte...

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