Liebe
Leserinnen und Leser,
manchmal
dauert’s ein wenig mit den Beiträgen zum Thema „Autobiografie“. Die geplanten
wöchentlichen Beiträge verzögern sich oft ganz schön, weil der Alltag mich zur
Zeit auffrisst, meine Arbeitsstunden bis tief in die Nacht gehen und ich erst
dann Zeit habe für Zusätzliches, obwohl ich dann eigentlich zu müde bin…
„Ich erblickte am 13.10. 1953 um
17.22 Uhr im Sankt Pankraz-Hospital in Oberwürmlingen das Licht der Welt und begrüßte
sie mit einem Schrei. Die dicke Hebamme rief nach einer Schüssel mit warmem
Wasser…“
Interessant,
oder? Ich hätte an dieser Stelle bereits die Nase voll und würde das Buch
beiseite legen. Auch ein Anfang wie dieser würde mich nicht reizen: „Meine erste Erinnerung gilt meinem
Großvater. Er war ein alter Mann mit vielen Runzeln und Falten, die das Leben
inklusive zweier Weltkriege in sein Gesicht geschrieben hatte…“
Wer
kann sich schon an seine Geburt erinnern? Und wer konnte schon als Kleinkind wissen,
dass sein Großvater im ersten Moment, an den man selbst sich an ihn erinnerte,
bereits zwei Weltkriege hinter sich hatte?
Solche
Anfänge gehen nur dann, wenn es sich eindeutig um Satire handelt, sonst
versprechen sie nichts weiter als eine langweilige, klischeehafte Lektüre.
Genau
wie bei einem Roman muss der Anfang einer Autobiografie (die ja auch meist wie
ein Roman gelesen wird), spannend sein und den Leser in die Geschichte
hineinziehen. Nimm also ein Ereignis, das irgendwann in deiner Kindheit
passiert ist und einen markanten Moment schildert. Er muss nicht ganz am Anfang
passiert sein, denn die Erinnerungen, die wir an unser Leben als Zwei- oder Dreijähriger
haben, sind oft völlig überlagert von Dingen, die man uns erzählt hat oder die
wir geträumt haben. Manche Träume sind nämlich so intensiv, dass wir uns in
späteren Jahren als „erlebt“ an sie erinnern. Über die Qualität von echten oder
scheinbaren Erinnerungen werde ich noch an späterer Stelle berichten. Selbst wenn wir zum Einstieg eine Szene aus dem Erwachsenenleben schildern, einen Bühnenauftritt, den wir als Musiker haben, eine schicksalhafte Begegnung, eine geliebte Person, der ich mein Leben schildere - man kann sogar eine richtige Rahmenhandlung daraus machen.
Manchmal bleiben uns aber Sachen ganz plastisch im Gedächtnis, und wir können sie
erzählen, als wären sie gerade erst passiert. Ein solches Erlebnis taugt also eher für den Anfang.
Man berichtet darüber und kann dann von dieser Stelle aus eine Rückblende auf
die Zeit davor machen, auch wenn das ganze Buch ja eigentlich eine Rückblende
ist. Beispiele: Man wird bei einem Streich erwischt, man erleidet einen Unfall,
man zieht mit den Eltern in eine neue Wohnung usw.
Am
besten wäre es, wenn man bereits an dieser Stelle einen Bezug zu seinem
„Lebensthema“ fände, über das ich im nächsten Artikel etwas sagen möchte. Nur
ein paar Beispiele - ein Krimineller, der über seine Karriere vom Autodieb zum
Einbrecher berichtet, wird vielleicht von seinem ersten Diebstahl beim Kaufmann
um die Ecke schreiben, ein Reiseschriftsteller vielleicht über seine erste
abenteuerliche Fahrt mit der Deutschen Bahn, ein Fußballprofi könnte seine
„Angst vor dem Ball“ als kleiner Junge schildern. Solche „Einstiegserlebnisse“
stimmen den Leser darauf ein, was noch kommt, und erzeugt auf diese Weise
Spannung. Vielleicht überlegt sich der/die Eine oder Andere mal, was sein/ ihr
Lebensthema ist. Arbeit? Liebe? Aufopferung? Parteimitgliedschaft? Die eigene
Firma? Schreibt doch mal über das Kontaktformular oben rechts…
Hier der Link zum vorigen Beitrag dieser Reihe!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für Deinen Kommentar!